Die Robur Werke
Die Gründung der Fabrik im südöstlichsten Zipfel Sachsens fand im Jahre 1888 statt. Zunächst wurden hier Textilmaschinen und ab 1889 auch Fahrräder hergestellt. Ab 1900 wurden unter dem
Markennamen "Phänomen" Motorräder produziert. Von 1905 bis 1927 produzierte man das "Phänomobil", ein Dreiradfahrzeug mit einem Zweizylindermotor aus der Motorradproduktion. In diesem Zeitraum
veruchte man sich auch in der Produktion von PKW, die sich aber gegen die Konkurrenz nicht durchsetzen konnten. Ab 1927 wurde mit der Produktion eines Lieferfahrzeugs für die Reichspost
begonnen. Dieses "Phänomen 4RL" genannte Fahrzeug gab es mit 0,75t bis 1,0t Nutzlast. Es war der Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Nutzfahrzeugproduktion. In den 1930er Jahren folgten
der "Granit 25" mit 1,5t und der "Granit 30" mit 2,5t Nutzlast. Alle hier produzierten LKW hatten luftgekühlte Motoren.
1945 wurden die Maschinen und Einrichtungen als Reparation
an die Sowjetunion demontiert. Der Betrieb wurde 1946 enteignet und ging in Volkseigentum über. 1948 wurde er in den IFA (Industrieverband Fahrzeugbau) integriert. Zunächst wurden
Fahrzeuge der Roten Armee instandgesetzt. Ab 1950 begann die Serienproduktion des ersten LKW "Phänomen Granit 27". Anfang 1957 wurde nach erfolgreicher Klage der Alteigentümer das Werk
in "VEB Robur Werke" umbenannt. Auch die Fahrzeugbezeichnung "Granit" durfte nicht mehr verwendet werden und wurde durch "Garant" ersetzt. Der Name Robur ist lateinisch und bedeutet
Kraft bzw. Stärke. Die Robur Werke nahmen in der DDR-Fahrzeugproduktion zunächst einen Spitzenplatz ein. Höhepunkt war das Jahr 1966 mit 7000 gefertigten LKW, von denen 4500 exportiert
wurden. Dem erfolgreichen "Garant" folgten ab 1961 die verschiedenen "Robur LO" und "Robur LD" Modelle (LO = Luftgekühlter Ottomotor, LD = Luftgekühlter Dieselmotor). Im laufe der
1970er Jahre machte sich der Investitionsstau in der DDR-Industrie auch in den Robur Werken bemerkbar. Zur Wende befand sich das Werk in einem hoffnungslosen Zustand. Es galt als besonders
makaberes Beispiel für das Versagen der damaligen Zentralplanwirtschaft. Die Produktion des ehemals bedeutenden Herstellers wurde 1991 eingestellt.
Im Oktober 2021 haben wir die Robur Werke besucht. Beeindruckend ist die Größe des Komplexes, den wir einmal komplett umrundet haben, um eine Zugangsmöglichkeit zu finden. Die Produktonshallen haben zum Teil mehrere Stockwerke. Faszinierend fand ich die Hallen mit filigranem Deckentragwerk und Oberlichtern. Im ganz alten Betriebsbereich herrscht schon ein ziemlicher Verfall und die Natur beginnt Terrain zurück zu erobern.